David wirkt am Fahrrad

David: „Ich war baff, wie sehr sich die Radinfrastruktur verbessert hat“

David weiß als Geschäftsführer von zwei Wiener Spitälern (Herz-Jesu Krankenhaus, Göttlicher Heiland Krankenhaus), wie wichtig Bewegung im Alltag ist. Seit einem Jahr fährt der zweifache Vater auch mit dem Fahrrad in die Arbeit.

Wie bist du zum Radfahren in Wien gekommen?

Ich bin ein klassischer Corona-Einsteiger, und ich habe auch im Winter ohne Pause durchgehalten und bin brav jeden Tag geradelt.

Wie war für dich das letzte Jahr am Fahrrad?

Es war total überraschend. Als ich 1998 nach Wien gekommen bin, habe ich schon probiert, mit dem Rad durch die Stadt zu fahren. Schnell hab ich mir gedacht: Nein, sicher nicht! Radfahren im Straßenverkehr war für mich damit abgehakt. Später habe ich begonnen viel Sport zu machen, auch Triathlon. Ich bin also beim Sport schon auch Fahrrad gefahren. Aber Wien mit dem Rad war nichts für mich. Stattdessen bin ich sehr viel öffentlich gefahren.
Aber voriges Jahr bin ich eben mit Corona aufs Fahrrad umgestiegen und war extrem überrascht, was sich baulich in den letzten zwanzig Jahren getan hat. Wien ist von der Radinfrastruktur her nicht mehr wiederzuerkennen gewesen. Also das Vorurteil, dass Radfahren in Wien eine Katastrophe ist, hat sich gänzlich widerlegt.

Wo bist du mit dem Fahrrad unterwegs?

Ich fahre von Zuhause im 18. Bezirk zum Herz-Jesu Krankenhaus im 3. Bezirk: entweder über den Donaukanal oder über den Ring. Gerade über den Donaukanal ist durchgängig über Julius-Tandler-Platz Radinfrastruktur vorhanden. Wenn ich zum Göttlichen Heiland Krankenhaus im 17. Bezirk fahre, radle ich über den Lidlberg und die Alszeile. Und auch da ist praktisch durchgängig Radweg. Da war ich baff! Also das ist die größte Erkenntnis, dass sich infrastrukturmäßig irrsinnig viel getan hat. Außerdem bin ich gleich schnell wie mit den Öffis und wie mit dem Auto.

Ist der Arbeitsweg damit für dich auch Sport?

Nein, Challenge ist das keine – sicher auch, weil ich mit der Arbeitskleidung fahre, also im Anzug oder mit Sakko. Das heißt auch, dass ich im Sommer nicht „andrucken“ kann. Aber es ist Bewegung im Alltag. Daher hab ich mittlerweile auch beide Parkplätze, die ich bei den Spitäler für mein Auto hatte, aufgegeben, weil ich sie nicht mehr brauche. Und Radfahren ist im Endeffekt auch besser als öffentlich zu fahren – zwar nicht schneller, aber einfach doch mehr Bewegung. Zusätzlich krieg man ein bisschen mehr mit vom Leben. Es ist echt angenehm.

Radelst du in der Freizeit auch?

Wenig. Mein Sport ist Laufen, Radfahren in der Stadt ist für mich kein Sport, aber ich fahre immer mit dem Fahrrad in die Hauptallee zum Lauftraining. Vielleicht ändert sich das in Zukunft, wenn meine beiden Töchter (7 und 9 Jahre) Lust am Radfahren kriegen.

Gibt es Routen in Wien, die du gern mit dem Fahrrad fährst?

Ich fahre extrem gern durch die Innenstadt, beim Schottentor rein und Stubentor wieder raus. Dabei fahre ich fast am Stephansdom vorbei. Dort fahre ich immer, wenn ich zwischen den beiden Spitälern hin- und herwechsle. Das ist meist um die Mittagszeit. Und dann ist das Radfahren zwischen den langen Stunden im Büro so ein Aha-Erlebnis, dass es auch noch ein normales Leben draußen gibt. Das kriegt man mit dem Fahrrad schon viel mehr mit, weil man mitten durchfährt.

Radfahrende am Schottentor

Radfahrende am Schottentor (© Christian Fürthner)

Was findest du am Radfahren sonst noch gut?

Ich finde, dass es wirklich schnell geht. Und – ich bin ja den ganzen Winter wirklich durchgeradelt – man kriegt einfach das Wetter mehr mit und entwickelt ein Gefühl für die Jahreszeiten. Außerdem kriegt man den Flair von verschiedenen Stadtvierteln mit, was ich mag.

Aber Radfahren ist auch generell wichtig, weil Bewegung gesund ist. Und zur Bewegung gehört Radfahren dazu. Das Herz-Jesu Krankenhaus ist ja die Fachklinik für den Bewegungsapparat, wo es stark darum geht, Menschen wieder mobil zu machen. Und diese Grundphilosophie fördere ich als Geschäftsführer auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – an beiden Standorten. Wir bauen zum Beispiel gerade einen gescheiten Radparkplatz im Innenhof.

Wie hat dein Umfeld reagiert, als du begonnen hast Rad zu fahren und das ganze Jahr durchgefahren bist?

Das ist ja ein zweigeteiltes Umfeld. In der Arbeit waren sie nicht überrascht. Früher bin ich öffentlich in die Arbeit gefahren und dann nachhause gelaufen. Also ich bin immer schon sportlich in der Arbeit gewesen. Das war so ein Schema: öffentlich hin, heimlaufen, alle Anzüge in der Arbeit sammeln und einmal in der Woche mit dem Auto abholen. Mittlerweile ist vielleicht manchen aufgefallen, dass ich jetzt Rad fahre, aber es wird sich niemand was dabei gedacht haben.
Sonst: Meine Frau findet’s lässig. Große Diskussionen im Umfeld gab’s aber nicht. Und ein Freund von mir freut sich, weil er mich als Stadtradler gewonnen hat. Vorher hab ich ihm zwanzig Jahre lang erklärt, dass das alles ein Wahnsinn ist, mit dem Rad in der Stadt.

David am Fahrrad

David am Fahrrad (© David Pötz)

Hattest du eigentlich das Rad vorher schon in Wien?

Das ist im Keller gestanden, nachdem ich es bei einem Triathlon gewonnen hatte. Das wurde dort unter allen Teilnehmenden verlost. Und dann habe ich’s in den Keller gestellt und voriges Jahr herausgeholt. Zuerst bin ich dann ohne Helm gefahren, danach habe ich irgendwann meinen Helm aus meiner Triathlonzeit ausgepackt, der ist aber alt. Und zu Weihnachten hat mich meine Frau mit einem etwas cooleren Helm beschenkt.

Stell dir vor, irgendwer würde dir sagen, dass du mit dem Radfahren aufhören müsstest: Was würdest du vermissen?

Ich würde das Gefühl vermissen, flott durch die Stadt zu kommen, Außerdem würde mir der Flair vom Durchradeln abgehen, also die Möglichkeit die Stadt hautnah zu erleben. Sportlich würde es mir nicht abgehen, sondern es ist eher die Lifestyle-Komponente, die fehlen würde.

Zu guter Letzt: Hast du noch Tipps für Personen, die jetzt erst in Wien zu radeln anfangen wollen?

Einfach ausprobieren. Sie werden überrascht sein, wie viel Infrastruktur es gibt. Wie gesagt, das war für mich das Aha-Erlebnis, wie viel sich getan hat. Sonst: Einfach fahren! Außerdem ist mein Tipp für jemanden, der nicht fährt: Probier’s mal aus!
Und ein bisschen banaler: Schütz dich vor Wind und Wetter! Also wenn es extrem schneit, helfen zum Beispiel Gamaschen, wenn man nicht waschelnass werden will. Da kommt man aber relativ schnell drauf, wenn man das erste Mal ganz nass ist. 😉