Pop-Up Bikelanes: Gut genutzt von Wiens Radfahrenden
Berlin, Budapest, Mailand: In zahlreichen Städten rund um den Globus wurden in den vergangenen Wochen zusätzliche Radfahrspuren geschaffen. Der Trend zum Rad als Verkehrsmittel in der Stadt wurde durch die Covid 19-Pandemie und damit einhergehende Abstandsregelungen verstärkt. Auch Wien wurde aktiv. Vier temporäre Pop-Up-Bikelanes wurden eingerichtet. Doch wie nachhaltig sind die provisorischen Veränderungen – und wie werden sie angenommen?
Abstand halten, Immunsystem stärken, in Bewegung bleiben: Die Coronakrise hat vielen bewusst gemacht, wie krisensicher das Fahrrad als Verkehrsmittel ist. Das Virus wird hauptsächlich über Tröpfcheninfektion auf kurze Distanz übertragen – damit ist das Ansteckungsrisiko beim Radfahren sehr gering. Denn Radfahrende halten automatisch Abstand zu anderen.
Tatsächlich wurde der Trend zum Radverkehr in der Stadt durch die Krise beschleunigt. Die Auswertung der automatischen Zählstellen vom April und Mai verdeutlicht das und spiegelt auch das geänderte Mobilitätsverhalten seit Beginn der Corona-Krise wieder.
Durch die Ausgangsbeschränkungen aufgrund von Covid19 waren die Menschen in der Stadt insgesamt weniger unterwegs. Während der Kfz-Verkehr Mitte März um durchschnittlich 52% zurückgegangen ist und die öffentlichen Verkehrsmittel Fahrgastrückgänge von über 80% hatten, ist der Radverkehr im März nur leicht gesunken (22%). Im April gab es im Vergleich zum Jahr 2019 Zuwächse beim Radverkehr um 20%, im Mai waren es sogar 45%. (Quelle: Auswertung der Radverkehrszählstellen).
Platz fürs Radfahren
Das mehr an RadfahrerInnen hat vor allem eines deutlich gemacht: Der Platz in unserer Stadt ist ungleich verteilt. Und damit die Menschen in der Stadt sicher unterwegs sein können, braucht es zusätzliche Radwege.
Zwischen Anfang Mai und Anfang Juni 2020 wurden vier Pop-Up-Bikelanes in Wien eingerichtet. Für die temporären Radwege werden bis Anfang September Autospuren aufgelassen.
Die Pop-Up-Bikelanes führen entlang der Praterstraße und Lassallestraße im 2. Bezirk, in der Hörlgasse im 9. und der Wagramer Straße im 22. Bezirk. Dadurch werden wichtige Verbindungen geschaffen und – vorerst temporär – eine fairer Platzverteilung umgesetzt.
Grundsätzlichen BefürworterInnen der Pop-Up-Bikelanes geht die Maßnahme nicht weit genug, zu wenige seien es und zu temporär. Es gibt die Kritik, die Radwege seien Aktionismus. Dem kann man entgegen setzen: an den Standorten der der Pop-Up-Bikelanes gibt es auch schon mehr oder weniger konkrete Überlegungen für dauerhafte Radwege. Aus unterschiedlichen Gründen konnten diese bisher nicht umgesetzt werden. Hier bieten die temporären Varianten die Chance, zu zeigen, dass Radwege an diesen Standorten gut und wichtig sind. In urbanistischen Diskussionen wird oft von Städten als Laboren gesprochen. Genau das wird mit den Pop-up-Radwegen gemacht.
Werden die Pop-Up Radwege tatsächlich genutzt?
Die Pop-up-Radinfrastruktur wird gut angenommen. „Generell ist mit einer weiteren Zunahme der Nutzungshäufigkeit zu rechnen, da viele Menschen die neue Infrastruktur erst entdecken und in ihre Routenwahl übernehmen müssen“, so Verkehrswissenschaftler Harald Frey, der derzeit die Nutzung der Pop-Up Bikelanes untersucht.
Konkret untersuchen VerkehrswissenschaftlerInnen die Nutzungsfrequenz durch Radfahrende an Werktagen und am Wochenende. Darüber hinaus wird auch die Entlastung anderer Radinfrastruktur durch die temporäre Maßnahme analysiert.
Für die Wagramer Straße und die Praterstraße liegen bereits Ergebnisse vor. Entlang der Wagramer Straße wurden werktags in der Spitzenstunde zwischen 17 und 18 Uhr über 400 Radfahrer gezählt. Am Samstag waren es knapp 300. Rund 53 Prozent nutzen dabei den Pop-up-Radweg stadtauswärts. 77 Prozent fuhren auf dem Weg stadteinwärts. Entlang der Praterstraße wurden in der Spitzenstunde zwischen 19 Uhr 20 Uhr 1.173 Radfahrer gezählt. Dort nutzen durchschnittlich 47 Prozent den Pop-up-Radweg.